Tobias Baur

17. Dezember 2018

Hochhäuser werden grüner

Hochhaussiedlungen können viel nachhaltiger sein als andere Wohnviertel, denn sie können verkehrstechnische, gesundheitliche und wirtschaftliche Probleme verringern.

Die städtische Verdichtung ist ein drängendes, globales Problem. Städte auf der ganzen Welt bemühen sich, grüner und nachhaltiger zu werden, um das Umfeld für ihre wachsende Bevölkerung lebenswerter zu gestalten. Richtig und intelligent gemacht, können Hochhäuser nach Ansicht von Expert:innen eine Lösung für viele Herausforderungen sein.

Deo Prasad, Direktor des Zentrums für nachhaltig bebaute Umwelt an der Universität von New South Wales in Australien, erklärt, dass die Zersiedelung der Städte „eine weitaus schlechtere Option ist als Hochhäuser“. Durch Hochhaussiedlungen können viele Verkehrsprobleme und damit verbundene gesundheitliche und wirtschaftliche Auswirkungen vermieden werden.

Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht nur einzelene Gebäude betrachtet, sondern auch Straßen und andere Infrastruktur sowie die Auswirkungen des Verkehrs mit einbezogen werden.

Den Energiebedarf minimieren

Hochhäuser als eigenständige Gebäude können außerdem nachhaltiger gestaltet werden und Teil der Lösung der Ressourcen- und Klimakrise werden. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist der Einsatz vorgefertigter, außerhalb der Baustelle hergestellter Komponenten. Dadurch werden nicht nur die Kosten gesenkt und die Gesundheit und Sicherheit der Arbeiter:innen verbessert, sondern auch der Baulärm und die Auswirkungen der Bauarbeiten auf die Umgebung minimiert, indem z.B. die Luftverschmutzung und die CO2-Emissionen verringert werden.

Die Vorteile des Fertigbaus werden bei Hochhäusern noch deutlicher, da dort die Einsparungen bei Arbeit und Transport noch größer sind als bei niedrigen Gebäuden. Ein anderer Aspekt ist die Minimierung des Energiebedarfs durch intelligente Lösungen wie doppelschalige Fassaden, die die Isolierung verbessern und die Sonneneinstrahlung minimieren, während gleichzeitig die Ausbeute an natürlichem Licht maximiert wird, oder indem die Erzeugung von Energie direkt in das Gebäudedesign integriert wird. Dies hat Ramboll zum Beispiel durch die Installation von Windturbinen auf einen der berühmtesten Türme des Nahen Ostens, das Bahrain World Trade Centre, umgesetzt.

Ein grünes vertikales Dorf...

Es ist durchaus möglich, ein buchstäblich grünes Hochhaus zu bauen, dessen Begrünung sowohl der ökologischen Nachhaltigkeit als auch der menschlichen Lebensqualität zugute kommt. Um der alternden Bevölkerung Singapurs würdige Lebensbedingungen zu bieten, haben sich die Landschaftsarchitekt:innen von Ramboll mit WOHA Architects zusammengetan, um das „vertikale Dorf“ Kampung Admiralty (siehe Bild) als Vorzeigeprojekt zu entwerfen und zu bauen - das erste öffentliche Projekt, das auf einem kompakten, 8900 Quadratmeter großen Grundstück Wohnungen und öffentliche Einrichtungen für Jung und Alt vereint.

Mehrere wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Grünflächen in Wohnnähe - oder auch nur die Sicht auf Pflanzen - psychologische Vorteile bieten, Stress reduzieren und die Konzentration verbessern können.

„Wir haben eine vielfältige und dynamische Bepflanzung entwickelt, die als einladendes öffentliches Umfeld für ein aktives Leben dienen soll. Dazu gehören auch Gemeinschaftsgärten, in denen lokale Obstbaumarten gedeihen, die es früher in den ‚Kampungs‘ oder Dörfern der Umgebung in Hülle und Fülle gab. Das sind vertraute

Erinnerungen aus der Vergangenheit, mit denen die Senior:innen den Jüngeren ihre Geschichte vermitteln können“, erklärt Tobias Baur, Projektleiter von Kampung Admirality und Direktor von Ramboll Singapur.

Die üppige Begrünung bildet ein zusammenhängendes horizontales Blätterdach, das die Oberflächen- und Lufttemperaturen senkt, indem es Schatten spendet und den städtischen Wärmeinseleffekt ableitet. So kann wiederum Energie für die Klimatisierung gespart und das Gebäude und seine Nutzer:innen auf natürliche Weise kühl gehalten werden.

… mit blauen Elementen

Wasser wird in Kampung Admiralty ebenfalls zu einem ästhetischen, therapeutischen und nachhaltigen Element. Ein Großteil des Regenwassers der oberen Bereichen sowie der beiden Turmdächer wird aufgefangen, gefiltert und genutzt. Ein Großteil des Wasserabflusses mündet in einen Ökoteich, dessen Reinigungsbiotop das Wasser natürlich reinigt, so dass es wieder in Umlauf gebracht werden kann.

Dies trägt darüber hinaus zur Förderung der Artenvielfalt und der natürlichen Kühlung bei. Und da das Wasser per Schwerkraft fließt, wird durch den geringeren Bedarf an Pumpensystemen der Energieverbrauch gesenkt.

„Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge in Singapur beträgt 2340 mm. Das bedeutet, dass jedes Jahr über eine Million Liter Leitungswasser eingespart werden können, wenn das Regenwasser im Sammelbecken gespeichert und für die Bewässerung wiederverwendet wird - das entspricht ungefähr dem durchschnittlichen monatlichen Wasserverbrauch von 200 Fünf-Zimmer-Wohnungen“, betont Tobias Baur.

Verfasst von Michael Rothenborg

Möchten Sie mehr erfahren?

  • Tobias Baur

    Architecture & Planning

    +49 174 1687640

    Tobias Baur

Näytä kaikki

Was sind „Scope 4“-Emissionen und weshalb sollte ich mich darum kümmern?

Als ob drei Scopes (Geltungsbereiche) für Treibhausgasemissionen noch nicht genug wären, gewinnt die Diskussion um Scope 4 immer mehr an Fahrt. In diesem Artikel gibt Ihnen unsere Expertin Laura Bowler einen Crashkurs zu diesen „neueren“ Emissionen und hilft Ihnen zu verstehen, ob sie für Ihr Unternehmen relevant sind.

Zu viele kreislaufwirtschaftliche Strategien werden nicht umgesetzt. Ein fundamentales Hindernis für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft ist die Definition. Und damit die Unfähigkeit, einen konkreten Ausgangspunkt für die Arbeit am Kreislaufprinzip zu schaffen. In diesem Text erläutern drei Expert:innen von Ramboll, wie man vorankommt, indem man unternehmensspezifische Kreislauf-Prioritäten ermittelt und definiert.

people enjoying the summer at the lakes in Copenhagen
Kreislaufwirtschaftliche Wesentlichkeitsbeurteilung: Der erste Schritt beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft für Unternehmen