Evelina Gunnarsson

26. Mai 2021

Vier Tipps für den Einsatz von Nudging zur Förderung klimafreundlicher Entscheidungen

Mehr Menschen dazu zu bringen, nach ihren klimafreundlichen Überzeugungen zu handeln, ist der Schlüssel zu einem nachhaltigen Wandel. Kleine Anstöße (Nudging) und ein geschickter Einsatz von Informationen können den Menschen helfen, die Kluft zwischen Absicht und Handlung zu überbrücken. Dieser Artikel untersucht, warum das so ist und gibt Ihnen vier einfache Tipps für den “Anstoß“.

Eine neue Studie von Ramboll in Schweden zeigt, dass 92 Prozent der schwedischen Einwohner sich vorstellen können, Änderungen in ihrem täglichen Leben vorzunehmen, um ihre eigenen Auswirkungen auf das Klima zu reduzieren. So zeigen sich die Schweden bereit:
  • Weniger zu konsumieren
  • umweltfreundlichere Produkte zu wählen
  • mehr zu Fuß zu gehen und mit dem Fahrrad zu fahren
  • mehr vegetarisch und vegan zu essen
Eine ähnliche Umfrage von Ramboll in Dänemark aus dem letzten Jahr hat gezeigt, dass eine wachsende Zahl von Dänen sogar bereit ist, mehr zu bezahlen, wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung nachhaltig ist.
Aber was wir beabsichtigen ist noch lange nicht was wir auch tun. Verhaltenswissenschaftler sprechen da von der so genannten Absichts-Handlungs-Kluft. Weshalb handeln wir also nicht immer nachhaltig und klimafreundlich, obwohl wir gerne würden? Und wie können wir Informationen so gestalten, dass sie dazu führen, dass wir im Alltag klimafreundlicher handeln? Mit etwas Unterstützung aus der Wissenschaft über das menschliche Verhalten und die Entscheidungsprozesse werde ich versuchen, diese Fragen zu beantworten.
Warum mehr Informationen nicht immer besser sind
Die schwedische Ramboll-Studie zeigt, dass viele Menschen mehr Informationen darüber anfragen, wie sie nachhaltige und klimafreundliche Entscheidungen treffen können. Und das, obwohl Informationen über ein klimafreundliches Verhalten im Alltag leicht über Suchmaschinen wie Google abgerufen werden können.
Die Fülle an Informationen über klimafreundliche Entscheidungen kann so überwältigend werden, dass es schwierig sein kann, sich unter den verschiedenen Umweltratschlägen zurechtzufinden. Die Verhaltensforschung hat zum Beispiel gezeigt, dass mehr Informationen dazu führen können, schlechtere Entscheidungen zu treffen, an alten Routinen festzuhalten oder überhaupt keine Entscheidungen zu treffen1.
Kleine Änderungen mit großer Wirkung
Mit Hilfe der Verhaltenswissenschaft können Informationen jedoch so präsentiert werden, dass sie tatsächliche Veränderungen unterstützen. “Nudging“ ist eine Methode, bei der es darum geht, die richtige Entscheidung zu erleichtern, ohne einen materiellen Anreiz dafür zu setzen. Nudging bedeutet “einen kleinen Schubs“ in die richtige. Richtung zu geben und kann gezielt eingesetzt werden, um Informationen so zu gestalten, dass wir uns in kleinen Schritten klimafreundlicher verhalten.
Solche kleinen Änderungen können erhebliche Auswirkungen haben, wenn Tausende von Menschen sie auf einmal einführen. Als zum Beispiel ein deutsches Elektrizitätsunternehmen Ökostrom als Standardoption anbot, stieg die Zahl der Kunden, die sich dafür entschieden, von 7,2 auf 69,1 Prozent, obwohl diese Wahl teurer war2.
Kleine und einfache Änderungen in unserem Entscheidungsumfeld können große Unterschiede bewirken und dazu beitragen, unsere Auswirkungen auf das Klima zu verringern.

"Mit Hilfe der Verhaltenswissenschaft können Informationen so präsentiert werden, dass sie tatsächliche Veränderungen unterstützen."

EVELINA GUNNARSSON
NUDGING-EXPERTIN, RAMBOLL MANAGEMENT CONSULTING

Informationen über den Klimaschutz richtig einsetzen
Gehen wir jetzt mit vier Tipps weiter, wie Sie mit Nudging Informationen so gestalten können, dass sie nachhaltige und klimafreundliche Entscheidungen erleichtern. Diese Anregungen können Sie unabhängig davon nutzen, ob Sie ein externer Kommunikationsprofi, ein interner „Change Agent“ oder Berater oder vielleicht eine Führungskraft sind, die den grünen Wandel in Ihrem Unternehmen vorantreiben möchte.
1. Rahmen Sie die Informationen so ein, dass sie für Ihre Zielgruppe attraktiv sind
Wie wir Informationen präsentieren, ist entscheidend dafür, wie der Empfänger denken und handeln wird. Eine Studie hat gezeigt, dass mehr Menschen öffentliche Verkehrsmittel nehmen, wenn sie vermittelt bekommen, wie viel Geld sie dadurch sparen können, als wenn sie über den Umweltschutz durch deren Nutzung informiert werden3.
Es ist wichtig, zu ermitteln, was eine Zielgruppe zu Veränderungen bewegt und Ihre Botschaften daran anzupassen. Unterschiede in der Wahrnehmung je nach Region, Geschlecht und Alter und was sie in ihrem täglichen Leben bewegt, können als Grundlage für die Anpassung eines solchen „Framings“ an die Zielgruppe dienen. So neigen manche Menschen dazu, Botschaften zu Gesundheitsaspekten eher aufzunehmen als Botschaften zum Thema Nachhaltigkeit4.
2. Stellen Sie Informationen zum richtigen Zeitpunkt bereit - in Entscheidungssituationen
Die Chance, eine Entscheidung zu beeinflussen, ist größer, wenn Sie Informationen im Moment der Entscheidung bereitstellen. In diesem Bericht von Ramboll sehen wir, dass dies von den schwedischen Einwohnern gefordert wird. Eine Studie hat zum Beispiel gezeigt, dass diejenigen, die ihren Wasserverbrauch in Echtzeit erfahren, durchschnittlich 22 Prozent kürzer duschen5.
In einer norwegischen Studie wurden die Verbraucher auf Etiketten im Geschäft über die Energiekosten ihres Wäschetrockners im Verlauf seiner Lebensdauer informiert, was beim Verkauf der Geräte zu einer voraussichtlichen Reduzierung des Energieverbrauchs um 4,9 Prozent führte6.
3. Machen Sie das erwünschte Verhalten deutlich
Wir müssen es leicht machen, die wichtigsten Informationen zu erkennen, denn die Menschen neigen dazu, mehr auf die Informationen zu achten, die hervorstechen. Damit etwas eingänglicher zu machen, können Sie es in kräftigere Farben setzen oder durch seine Position hervorheben.
Eine Studie hat gezeigt, dass sich mehr Menschen für ein vegetarisches Mittagessen in einem Restaurant entschieden, wenn es auf der Speisekarte und im Lokal besser platziert und sichtbarer gemacht wurde. Durch die stärkere Hervorhebung der vegetarischen Option wurden sechs Prozent mehr vegetarische Gerichte verkauf7.
4. Informieren Sie die Zielgruppe über die Üblichkeit des erwünschten Verhalten
Der Mensch ist ein Herdentier und bestrebt, sich nach dem Verhalten derer zu richten, mit denen er sich identifiziert. Eine Möglichkeit, unsere Entscheidungen und unser Verhalten zu beeinflussen, besteht daher darin, uns darüber zu informieren, wie andere handeln.
So erzielte ein Stromversorger in den USA große Energieeinsparungen, indem er Informationen verschickte, die den Energieverbrauch seiner Kunden mit dem ihrer Nachbarn verglichen und gleichzeitig Ratschläge zum Energiesparen gab8. Dabei ist es wichtig, uns auf das angestrebte Verhalten zu konzentrieren, und nicht darauf, wie viele Leute sich noch nicht so verhalten.
Hier ein Beispiel: “Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine vegetarische Ernährung“ statt „Viele Menschen essen weiterhin zu viel Fleisch“. Die klimafreundliche Option als Standard zu setzen, ist eine weitere Möglichkeit, eine Norm zu signalisieren.
Lernen durch Probieren ist der Weg
Wie überall in der Verhaltenswissenschaft und beim Nudging führt nur das Probieren und Lernen zum Ziel. Wie der Sozialwissenschaftler Peter Lang einmal sagte: „Sie können nur kitzeln und sehen, wie er springt“. Das bedeutet, dass man nie im Voraus weiß, wie Menschen auf eine Intervention reagieren werden. Also, probieren Sie es aus, beobachten Sie aufmerksam und Sie werden sehen, was funktioniert und was nicht.
Literaturliste
  1. Scheibehenne, B., Greifeneder, R. und Todd, P. M. (2010). Can there ever be too many options? A meta-analytic review of choice overload. Journal of consumer research, 37(3), 409-425.
  2. Ebeling, F. und Lotz, S. (2015). Domestic uptake of green energy promoted by opt-out tariffs. Nature Climate Change, 5(9), 868.
  3. https://beteendelabbet.se/cases/linkopings-kommun/
  4. Myers, T. A., Nisbet, M. C., Maibach, E. W. und Leiserowitz, A. A. (2012). A public health frame arouses hopeful emotions about climate change. Climatic change, 113(3-4), 1105-1112.
  5. Tiefenbeck, V., Goette, L., Degen, K., Tasic, V., Fleisch, E., Lalive, R., Staake, T. (2016). Overcoming salience bias: how real-time feedback fosters resource conservation. Management science, 64(3), 1458-1476.
  6. Kallbekken, S., H. Sælen and E. A. T. Hermansen (2013), „Bridging the Energy Efficiency Gap: A Field Experiment on Lifetime Energy Costs and Household Appliances“, Journal of Consumer Policy, Ausg. 36 Nr. 1, pp. 1-16.
  7. Kurz, V. (2018). Nudging to reduce meat consumption: Immediate and persistent effects of an intervention at a university restaurant. Journal of Environmental Economics and Management. 90:317-341.
  8. Allcott, Hunt (2011), „Social norms and energy conservation“, Journal of Public Economics, Vol. 95 Nr. 9-10, pp. 1082–1095

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