Corey Barnes-Covenant

6. Juni 2022

Embodied Carbon in Gebäuden: Barrieren überwinden, Emissionen senken

In diesem Beitrag weist Corey Barnes-Covenant, unser Experte für Kreislaufwirtschaft und nachhaltiges Bauen, auf vier Barrieren hin, die die Baubranche überwinden muss, um den Gehalt von Embodied Carbon in Gebäuden zu reduzieren. Lernen Sie die Barrieren kennen und erfahren Sie, was getan werden kann, um sie zu reduzieren.

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Die Idee des CO2-effizienten Bauens konzentriert sich traditionell stark auf Entwurfsstrategien zu einer deutlichen Senkung des Energiebedarfs für den Betrieb und auf integrierte erneuerbare Energiequellen mit Lastwechseltechnologien, mit denen die CO2-Intensität der verbrauchten Energie verringert werden kann.
Dies ist zwar nach wie vor notwendig, aber der Betrieb von Gebäuden ist nur für 28 % der globalen Gesamtemissionen von CO2 verantwortlich und lässt einen erheblichen Anteil der von Gebäuden verursachten Emissionen außen vor. Diese Emissionen werden durch CO2-intensive Baumaterialien und -verfahren verursacht (Embodied Carbon).
Embodied Carbon ist für 11 % der globalen Emissionen verantwortlich und damit für ungefähr genauso viel wie die gesamten Emissionen der Landwirtschaft. Und dennoch sind diese CO2-Emissionen von Gebäuden bis vor kurzem unter dem Radar geflogen. Aber parallel zum Erfolg unserer Bemühungen, Gebäude immer effizienter zu betreiben, wird sich der relative Schwerpunkt der Auswirkungen von Gebäuden vom CO2, das sie im Betrieb verbrauchen, auf das CO2 verlagern, dass sie durch ihren Bau und die dabei verwendeten Materialien verursacht haben.
Wollen wir die CO2-Senkungsziele erreichen, die wir brauchen, um den Klimawandel unter Kontrolle zu halten, müssen wir das in unseren Gebäuden enthaltene Embodied Carbon senken. Das beinhaltet auch, die Barrieren zu verstehen und abzuschwächen, die die Immobilienbranche von einer breiteren Einführung emissionsarmer Baumaterialien abhalten, und die möglichen Lösungen besser zu verstehen und voranzubringen.
Barrieren für die Senkung von Embodied Carbon
Die Barrieren für die Senkung von Embodied Carbon lassen sich in vier Kategorien aufteilen: institutionell, finanziell, technologisch und wissensbedingt.
Institutionelle Barrieren ergeben sich aus der Trägheit bei der Anpassung von Bauweisen und -normen, die über Jahrzehnte entwickelt und verfeinert wurden, an eine neue Welt. Finanzielle Barrieren entstehen, wenn die Kosten neuer Technologien zur Lösung dieser Probleme noch nicht die Skalenvorteile erreicht haben, die zur Deckung der aktuellen Materialpreise erforderlich sind. Technologische Barrieren ergeben sich aus einem Mangel an marktfähigem emissionsarmen Material im erforderlichen Umfang. Wissensbedingte Barrieren schließlich ergeben sich aus einem Mangel von 1.) Wissen über die aktuelle Bilanz von Gebäuden in Bezug auf Embodied Carbon und 2.) Wissen über die verfügbaren Lösungen zu ihrer Senkung.
Schauen wir uns die einzelnen Barrieren etwas näher an.
Institutionelle Barrieren
Der Bausektor ist von Natur aus konservativ – und das aus gutem Grund. Während in Branchen wie der Verbraucherelektronik rasche Innovationen dominieren, muss der Fortschritt bei Gebäuden maßvoll sein, um den Schutz ihrer Nutzer:innen zu gewährleisten. Dieser Konservatismus ist besonders essentiell, wenn es um den Umgang mit den Gebäudeteilen geht, die in erster Linie für Embodied Carbon verantwortlich sind: die strukturtragenden Komponenten.
Da die Emissionssenkung häufig neue Ideen und Lösungen erfordert, ist die Senkung von Embodied Carbon nicht auf dem Weg des geringsten Widerstands in der Konstruktion zu haben: Oft kann der Konstruktionsprozess dadurch komplexer werden, da die Grundsätze in Frage gestellt werden, die der Branche sehr lange Zeit gute Dienste geleistet haben.
Wir müssen anfangen, grundlegende Dinge in Frage zu stellen, zum Beispiel: „Kann man die Struktur eines bestehenden Gebäudes wiederverwenden, statt ein neues zu bauen?“; „Wie kann man den physischen Materialaufwand senken und trotzdem die geforderten ästhetischen und funktionalen Eigenschaften bieten?“; „Macht die Planung mit emissionsärmeren Materialien Veränderungen in der Gebäudekonstruktion erforderlich?“
Um diese Fragen zu klären, brauchen wir Architekt:innen und Ingenieur:innen, die mutig und willens sind, die Konstruktionstraditionen zu hinterfragen um zu zeigen, was möglich ist.
Finanzielle Barrieren
Es gibt auch finanzielle Barrieren für die Einbindung neuer Materialien in Projekte. Oft sind Kund:innen und Planer:innen bereit mehr für Ästhetik zu bezahlen, die dem Gebäude mehr Individualität verleiht. Aber mehr für verborgene strukturtragende Komponenten zu bezahlen, die aus emissionsärmeren Materialien hergestellt werden, ist schwerer zu vermitteln.
Mit der steigenden Nachfrage nach emissionsärmeren Materialien und dem weiteren Fortschritt der Produktionstechnologie wird die finanzielle Rechtfertigung einfacher. Aber bis es so weit ist, werden wir mehr sichtbare, für den Markt akzeptable Anerkennung für den Wert saubereren Bauens brauchen, um die finanziellen Auswirkungen der technologischen Lernkurve zu kompensieren.
Hinzu kommt, dass zwar allmählich mehr emissionsarme Bauprodukte auf den Markt kommen, aber nicht in allen Regionen und mit den gleichen Vorlaufzeiten verfügbar sind. Die erhöhte Komplexität bezüglich der geografischen und zeitlichen Verfügbarkeit erhöht das Projektrisiko, das von Architekt:innen und Bauunternehmen abgefedert werden muss.
Technologische Barrieren
Es gibt zwei Ebenen von technologischen Barrieren für die Umsetzung: Konstruktionstechnologie und Materialtechnologie. Im Bereich Konstruktion beginnen zwar immer mehr CAD-Anbieter:innen, CO2 in ihre Bau-Modellierungstechnologien zu integrieren, aber die Umsetzung dieser Technologie ist noch längst nicht allgemein akzeptiert.
Ohne die Möglichkeit von Berechnungen während der Konstruktion werden allgemein anerkannte, hochwertige Techniken zur Durchführung von Lebenszyklusanalysen (LCA) benötigt, um den CO2-Gehalt eines Gebäudes verstehen zu können. Es gibt aber noch immer nicht in allen Regionen allgemein verbreitete, hochwertige LCAs und Umweltproduktdeklarationen (EPDs), die Planer:innen als Hilfsmittel bei der Konstruktion einsetzen könnten.
Bei essentiellen CO2-intensiven Baumaterialien wie Stahl und Zement waren in jüngster Zeit bedeutende Innovationen zu beobachten. Es sind aber noch weitere Innovationen erforderlich, um diese Technologien im größeren Maßstab einsetzen zu können.
Angesichts der Investitions- und Baufristen für diese kapitalintensiven Projekte müssen die Investitionen jetzt getätigt werden, um eine ausreichend große Wirkung in diesen Branchen zu erzielen und die erforderlichen CO2-Minderungsfristen einzuhalten.
Wissensbedingte Barrieren
Embodied Carbon ist als Begriff bereits seit mindestens einem Jahrzehnt bekannt, aber die meisten Baufachkräfte wissen nach wie vor sehr wenig darüber,
  1. welche Materialien einen hohen Embodied Carbon-Anteil haben,
  2. wie sich Embodied Carbon reduzieren lässt
  3. wie sich Embodied Carbon in Entwürfen messen lässt.
Die Notwendigkeit, neue Techniken zu erlernen, ist nicht neu für die Baubranche, aber dieses Wissen und die konstruktiven Fertigkeiten müssen viel schneller in der Bau-Fachwelt verankert werden. Daher müssen wir dafür sorgen, dass Wissen über Embodied Carbon für alle Planer:innen, die danach suchen, problemlos verfügbar, leicht verständlich und einfach zu implementieren ist.
Es ist von entscheidender Bedeutung, mehr Möglichkeiten für Planer:innen zu schaffen, sich diese Informationen anzueignen, indem verstärkt gefordert wird das Embodied Carbon unserer Gebäude zu messen und längerfristig zu senken.
Erst wenn das Wissen für die meisten Projekte unmittelbar relevant und nutzbar wird, werden wir einen Kompetenzaufbau in der Konstruktionsbranche erleben, um diese Frage auf breiter Front anzugehen.
Lösungen für den Wandel
Es gibt nach wie vor Barrieren, wenn darum geht, Embodied Carbon zu verstehen und zu reduzieren. Wir haben aber eine Reihe wichtiger Möglichkeiten, wie wir anfangen können den Markt zu verändern, diese Barrieren bröckeln zu lassen und die Reduzierung von Embodied Carbon schneller in unsere bebaute Umwelt zu integrieren. Konkret finde ich, dass zwei Lösungen ein Anfang sein könnten, um neue und bessere Verfahren zu fördern.
Berechnungen von Embodied Carbon für ganze Gebäude
Zunächst müssen wir die notwendigen Daten erfassen, um einen Ausgangspunkt für die Umsetzung von Veränderungen festlegen zu können. Hierzu sollten Bauträger:innen und Objekteigentümer:innen die Anforderung stellen, dass für neue Projekte unabhängig von der Festlegung von Emissionsminderungszielen LCAs für das ganze Gebäude durchgeführt werden müssen.
Die Verankerung obligatorischer LCAs im Planungsprozess wird die erforderliche Nachfrage erzeugen, um diese Tools in den Konstruktionsprozess einzubinden, und außerdem die notwendige praktische Erfahrung, um die Informationen in die Konstruktionsentscheidungen einfließen zu lassen, die notwendig sind, um mit der Reduktion von Embodied Carbon beginnen zu können. LCAs sind zwar in vielen Gebäude-Ratingsystemen enthalten, aber diese Analysen sollten nicht auf Gebäude beschränkt sein, die zertifiziert werden, sondern sollten Teil des normalen Konstruktionsprozesses werden.
Sofern eine LCA für das ganze Gebäude nicht praktikabel ist, sollten Bauträger:innen oder Objekteigentümer:innen zumindest eine LCA für das strukturtragende System des Gebäudes verlangen. Die Festlegung dieses Maßes sendet das Marktsignal an die Hersteller:innen CO2-intensiver Produkte, dass es einen Markt für CO2-arme Produkte geben wird, was es ihnen ermöglicht Kapital in neue Technologien zu investieren, um die Herstellung dieser Produkte zu unterstützen.
Konstruktive Anforderungen/Nachfrage
Zweitens dränge ich Bauträger:innen und Objekteigentümer:innen, nach der Festlegung der Messtechniken auch ein sehr klares Signal an den Markt zu senden, indem Konstruktionsziele für die Intensität von Embodied Carbon in den Entwürfen festgelegt werden. Diese Zielvorgaben sollten längerfristig sinken, damit der Markt deutlich erkennt, dass die Nachfrage nach CO2-armen Produkten in naher Zukunft steigen wird.
Diese Konstruktionsziele könnten kurzfristig auf freiwilliger Basis festgelegt werden, mittelfristig sollten sie aber eine obligatorische Anforderung in der Gebäudekonstruktion werden, um Investitionen klar in Richtung derjenigen Planungsunternehmen zu lenken, die in der Lage sind, diese Gebäude zu konzipieren, und der Materialunternehmen, die in der Lage sind, CO2-arme oder CO2-freie Baumaterialien zu liefern.
Einige gehen mit gutem Beispiel voran
Embodied Carbon rückt derzeit in den Vordergrund bei der Senkung der CO2-Emissionen von Gebäuden, wird aber noch an Bedeutung gewinnen und muss in die Fortschritte einfließen, die bei der Senkung des Energieaufwands für den Betrieb gemacht werden, wenn wir unsere Gebäude weiter dekarbonisieren wollen.
Angesichts des Tempos von Wachstum und Entwicklung ist unsere gebaute Infrastruktur einer der wichtigsten CO2-Quellen, auf die wir uns konzentrieren können, um das Fortschreiten des Klimawandels zu bremsen.
Erfreulicherweise gibt es viele Bauträger:innen und Planer:innen, die bereits mit gutem Beispiel vorangehen und sowohl betriebliche CO2-Emissionen als auch Embodied Carbon aus ihren Portfolios verbannen. Ich hoffe, dass sich dadurch Wettbewerbsvorteile für sie ergeben werden – Vorteile, die weitere Veränderungen und weiteres Engagement in der gesamten Branche voranbringen.
Es steht außer Zweifel, dass wir der Herausforderung gewachsen sind, unsere Gebäude unter Einbindung von Embodied Carbon CO2-neutral oder sogar netto-positiv zu machen.
Über den Autor
Corey Barnes-Covenant hilft Unternehmen in der Immobilienwirtschaft beim Übergang zu nachhaltigeren und kreislauffähigeren Geschäftsmodellen und -konzepten. Er ist bei Ramboll Management Consulting in den USA tätig und beschäftigt sich dort mit Großunternehmen. Entdecken Sie in diesem Video seine Sicht auf das Kreislaufprinzip.

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  • Corey Barnes

    Head of Strategic Sustainability Consulting US

    Corey Barnes

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