Sarah Katz, Torben Kulasingam

10. Mai 2022

Wie sich die EU-Taxonomie auf US-Unternehmen auswirken könnte

Wie gut sind Unternehmen in den USA darauf vorbereitet, die EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten einzuhalten? Eine neue Studie vom Center for Global Affairs der New York University und Ramboll versucht Antworten auf diese Frage zu geben.

Boston downtown financial district and city skyline
von Louie Reckford
Die EU-Taxonomie bietet Unternehmen eine Orientierungshilfe um zu klären, welche Investitionen ökologisch nachhaltig sind – und ob ihre Geschäftstätigkeiten als nachhaltig eingestuft werden können. Dies wiederum hilft Anleger:innen sicherzustellen, dass ihre Investitionen wirklich nachhaltig sind und nicht zu Greenwashing beitragen.
Im Rahmen einer neuen Forschungspartnerschaft zwischen dem Center for Global Affairs der New York University und Ramboll wurde untersucht, inwieweit große Finanzinstitute und Immobilienfirmen in den USA bereit sind, diese ehrgeizigen Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erfüllen.
Die wichtigste Erkenntnis unserer Studie lautet, dass diese Unternehmen mehr und bessere Daten benötigen um beurteilen zu können, ob ihre Vermögenswerte der durch die EU-Taxonomie vorgegebenen Definition von Nachhaltigkeit entsprechen.
Die Ergebnisse bieten diesen Unternehmen Chancen, ihre Nachhaltigkeitspläne zu optimieren, damit sie am schnell wachsenden europäischen Markt erfolgreich sein können.
Mehr als freiwillige Offenlegung
Im Rahmen der Partnerschaft wurden drei große Finanzinstitute und zwei große Immobilienunternehmen evaluiert, die alle in den USA ansässig sind.
Alle fünf für dieses Projekt evaluierten Unternehmen nutzen den freiwilligen Berichtsrahmen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD), der ein Grundverständnis der klimabezogenen Risiken und Chancen abbildet.
Eine wachsende Anzahl von Unternehmen in den USA und weltweit nutzt den freiwilligen Berichtsrahmen der TCFD zur Offenlegung ihrer klimabezogenen Risiken und ihrer Verpflichtungen zur Senkung der CO2-Emissionen. Insofern ist das Konzept der Bewertung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen nicht neu für US-Unternehmen, aber das Ausmaß der geforderten Offenlegung unterscheidet sich.
Die freiwillige Offenlegung gemäß TCFD ist nicht so detailliert wie von der EU-Taxonomie vorgeschrieben, und sie geht auch nicht über klimabezogene Offenlegungen hinaus. Um der Taxonomie zu entsprechen, müssen Unternehmen hingegen auch soziale Mindeststandards gemäß den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte erfüllen. Das würde die Einhaltung der EU-Taxonomie für US-Unternehmen schwieriger machen.
Unsere Studie zeigt, dass alle fünf untersuchten Unternehmen überzeugt sind, dass der Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung darstellt, und alle fünf äußern den Wunsch einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Einige Unternehmen haben zwar erhebliche Anstrengungen unternommen, um über ihre Nachhaltigkeitsarbeit zu berichten, sie sind aber nicht unbedingt darauf vorbereitet, die Bestimmungen der EU-Taxonomie einzuhalten oder sich an diese anzupassen.
Standardisierte Methode
Diese Diskrepanz zwischen Erklärungen und Handeln bieten eine Chance für andere Unternehmen, diese Unternehmen bei der Vorbereitung auf die Einhaltung der EU-Taxonomie zu unterstützen. Insbesondere ist eine standardisierte Methode zur Erfassung und Meldung von Daten erforderlich. Aktuell sind Investor:innen gezwungen, sich auf die von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gemeldeten Nachhaltigkeitskennzahlen zu verlassen und ihre eigene Green Asset Ratio zu berechnen – eine wichtige Leistungskennzahl nach der EU-Taxonomie.
Da KMU nicht verpflichtet sind nach EU-Taxonomie zu berichten, ist unklar, ob große amerikanische Vermögensverwalter KMU drängen werden, die notwendigen Informationen bereitzustellen, oder einfach beschließen gar nicht erst zu versuchen, die Anforderungen für eine Einstufung als Fonds nach Artikel 8 oder Artikel 9 der EU-Taxonomie (auch als „hellgrüne“ bzw. „dunkelgrüne“ Fonds bekannt) zu erfüllen.
Verlagerung der Nachfrage
Eine weitere wichtige Erkenntnis aus den Daten ist der Unterschied zwischen dem US-Geschäft und dem Europa-Geschäft der Unternehmen. Die Unternehmen mit stärkerem Engagement am europäischen Markt haben mehr Nachhaltigkeitsarbeit betrieben, vor allem im Immobiliensektor.
Immobilienunternehmen sind sich in stärkerem Maße bewusst, welche Auswirkungen neue Vorschriften für Gebäude haben und sind zunehmend empfänglich für die Nachfrage von Nutzer:innen und Mieter:innen nach nachhaltigen Gebäuden. Finanzinstitute hingegen scheinen weniger bereit zu sein, die Anforderungen des veränderten regulatorischen Umfelds zu erfüllen, und scheinen unter weniger starkem Druck zu stehen, die Anforderungen der EU-Taxonomie zu erfüllen.
Für die Unternehmen wird es sich auszahlen zu beobachten, ob die Finanzmärkte es schaffen, im weiteren Reifeprozess Druck auf außereuropäische Finanzinstitute zugunsten einer Ausrichtung an der EU-Taxonomie auszuüben.
Über die Partnerschaft
Die Partnerschaft bringt die Expertise von Ramboll und Studierenden der Fächer Geopolitik und Energiewende am NYU CGA zusammen. Mit der Partnerschaft verbindet sich die Erwartung, Erkenntnisse für Unternehmen zu gewinnen, die sich an die aufgrund der neuen Bestimmungen der EU-Taxonomie veränderten Rahmenbedingungen in Bezug auf die Aspekte von Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) anpassen wollen.
Über die EU-Taxonomie
Die EU-Taxonomie, die am 1. Januar 2022 in Kraft trat, legt Regeln und Leitlinien dafür fest, wie Unternehmen über ihre Klima- und Umweltauswirkungen Bericht erstatten müssen. Es wird erwartet, dass sie weitreichende Auswirkungen darauf haben wird, wie Unternehmen investieren, und dass sie Finanzierungsquellen für Unternehmen freisetzen wird, die deutlich positive Nachhaltigkeitseffekte nachweisen können. Louie Reckford ist M.S. Candidate im Fach Global Affairs an der NYU mit den Spezialgebieten Energie- und Umweltpolitik. Zuvor war er als Politikberater bei Foreign Policy for America und als Mitarbeiter von US-Senator Jeff Merkley tätig.
Wenn Sie Kontakt mit dem Autor dieses Artikels aufnehmen möchten, schicken Sie bitte eine E-Mail an: Devapriyo Das, Konzernmanager Content, Ramboll

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