31. März 2020
Mikromobilität und nachhaltige Stadtentwicklung
Mit einem Elektroroller die Straße entlang zu düsen, kann eine unterhaltsame und schnelle Möglichkeit sein, um von A nach B zu gelangen. Aber ist es auch sicher und nachhaltig? Und wie passt es zu den Mobilitätskonzepten der Städte? In der von Ramboll erstellten Studie „Achieving sustainable micro-mobility“ wird ein Rahmen für den Zugang zur Mikromobilität definiert.
Die Stadt Hoboken im Bundesstaat New Jersey, USA, beauftragte Rambolls Geschäftsbereich Smart Mobility im Rahmen ihrer sechsmonatigen Evaluierung des Pilotprogramms für Mikromobilität damit, Programmempfehlungen abzugeben. „Achieving sustainable micro-mobility“ basiert auf der Zusammenarbeit mit der Stadt Hoboken ergänzt um die Erfahrungen anderer Städte und identifiziert einen Ansatz, der es den Verantwortlichen in jeder Stadt ermöglicht, die Auswirkungen von Mikromobilität besser messen und entsprechende Programme zur Umsetzung besser steuern zu können.
Hierzu wurde die Nutzung in 15 Städten in den USA, Kanada, Neuseeland, Japan und Europa (darunter auch Hamburg) untersucht. Auch eine Vielzahl weiterer Interessengruppen, darunter öffentliche Verkehrsbetriebe, Mikromobilitätsbetreiber und regionale Expertenorganisationen, lieferten Perspektiven, Anekdoten, Erfahrungen und Fakten, die den Schlussfolgerungen des Berichts zugrunde liegen.
In den letzten Jahren haben sich Sharing-Angebote für (Elektro-)Fahrräder, E-Tretroller und E-Scooter sehr schnell ausgebreitet. Viele Städte waren schlecht auf die Implementierung und Steuerung dieser neuen fahrzeuggestützten bzw. motorisierten Mikromobilitätsangebote vorbereitet. In der Regel betreiben private Unternehmen diese Dienste auf kommerzieller Basis als „schwimmende“ Systeme, d.h. nur die Fahrzeuge selbst befinden sich physisch im öffentlichen Raum. Sie werden nicht an festen Standorten ausgeliehen, sondern stationslos, d.h. überall im öffentlichen Raum. Die Abstellung und Nutzung der neuen Fahrzeuge im öffentlichen Raum ist durch die Gesetzgebung nicht klar definiert, etwa ob es juristisch eine Sondernutzung darstellt. Zudem passen die neuen Geschäftsmodelle nicht zum bisherigen Vorgehen der Verwaltung gegenüber privaten Unternehmen im öffentlichen Raum, beispielsweise was die spezifische Allokation von Flächen angeht. So wurden die neuartigen Sharing-Systeme, insbesondere E-Scooter, in der öffentlichen Wahrnehmung überwiegend negativ dargestellt. Dies lag insbesondere an den fehlenden und ungeregelten Abstellmöglichkeiten und der unzureichenden Infrastruktur für mittlere Geschwindigkeiten (15-30 km/h, also u.a. auch Fahrräder und E-Scooter). Experten aus den Bereichen Verkehr und Mobilität veröffentlichten daraufhin eine Vielzahl hilfreicher Publikationen zum Thema Mikromobilität. Diese Studien schaffen mehr Klarheit und Verständnis für dieses Phänomen, dokumentieren Wachstum und Ausweitung von Mikromobilität in Städten und stellen Leitlinien für bewährte Verfahren bereit. Dennoch fällt es Städten und Betreibern immer noch schwer zu beurteilen, ob Kommunen von gezielten Programmen zur Förderung von Mikromobilität profitieren können, wie diese in lokale Verkehrskonzepte integriert werden können und wie gut die Programme im Vergleich zu anderen Städten auf der ganzen Welt abschneiden.
Fehlende Daten zur Bewertung der Auswirkungen von Mikromobilitätslösungen erschwert es den Städten und Betreibern zu beurteilen, ob und wie eine Stadt bzw. Kommune von einer Mikromobilitätslösung profitiert bzw. profitieren kann. Besser zugängliche Daten sowie Leitlinien sind erforderlich, wenn wir die Implementierung von Mikromobilitätsdienstleistungen in Städten und Kommunen in Zukunft besser steuern möchten. Ein Beispiel sind Daten zu Unfällen und Verletzungen durch Mikromobilität. Sofern überhaupt verfügbar, werden diese Daten derzeit ohne Kontext bereitgestellt, was zu Bedenken hinsichtlich der Sicherheit solcher Systeme führt. Würden diese Daten in Relation zu allgemeinen Unfallstatistiken gesetzt werden, könnten die Zahlen besser eingeordnet werden. Auf diese Weise könnte die Öffentlichkeit umfassender informiert und die Stärken und Schwächen der Mikromobilität besser verstanden werden. Ian Sacs, Market Manager des Geschäftsbereichs Smart Mobility bei Ramboll, erklärt: „Die Analyse, die wir für die Stadt Hoboken durchgeführt haben, führte zur Identifizierung von zwölf universellen strategischen Zielen. Diese fungieren als Rahmen, der Städten jeder Größe dabei helfen kann, neue Mobilitätskonzepte wie Sharing-Angebote für Fahrräder, Elektroroller und E-Scooter zu implementieren und zu steuern.“ Hinrich Brümmer, Experte für Smart Mobility bei Ramboll Deutschland ergänzt: „Die im Bericht gesammelten Erkenntnisse sowie die dargelegten Kenn- und Messgrößen (KPI) können auch von deutschen Städten genutzt werden, um zu messen, welches Potenzial in der Verbreitung von Mikromobilitätsangeboten liegt. Sie geben Aufschluss darüber, wie gut die Angebote an andere Verkehrsmittel angebunden sind und wie sie in den öffentlichen Raum integriert werden können, wie sie beim Thema Nachhaltigkeit abschneiden oder wie die Sicherheit gewährleistet werden kann.“