Frank Schwartz, Riccardo Pedroni

30. März 2022

Was halten Ingenieur:innen wirklich von Holzgebäuden?

Könnte Holz das Kohlenstoffproblem des Bausektors lösen? Ja und nein, sagen zwei Ramboll-Experten für diesen Sektor.

Dalston Works residential timber building in the UK, largest by volume of its kind
Holz ist eins der ältesten Baumaterialien der Welt, und ist in den letzten Jahren als eines der bevorzugten nachhaltigen Materialien für Designer:innen und Architekt:innen wieder in Mode gekommen - und das aus gutem Grund.
„Holz ist oft nachhaltiger als andere Baumaterialien wie Beton und Stahl“, sagt Frank Schwartz, Direktor für Hochhäuser bei Ramboll. Und Holz wird sogar noch nachhaltiger, wenn wir sicherstellen, dass wir langlebig bauen und die Materialien so lange wie möglich nutzen.
„Dazu kommen die weniger greifbaren Vorteile: Holz hat eine angenehme Materialität, mit der wir uns wohl alle identifizieren können. Es ist in der Regel einfacher, sich in einem Holzgebäude wohl zu fühlen, als in einem Gebäude aus kaltem Beton oder Stahl“, fügt er hinzu.
Der Bausektor ist für fast 40 % der weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich. Doch obwohl Holz ein Teil der Lösung ist, ist es kein Allheilmittel.
Wann ist Holz die richtige Lösung?
Kaj 16, ein mehrstöckiges, gemischt genutztes Wohn- und Geschäftshaus in der schwedischen Stadt Göteborg ist ein Beispiel dafür, wie weit wir mit dem Holzbau gekommen sind. Ursprünglich wollte der Bauherr das gesamte Gebäude aus Holz errichten, aber die Ingenieur:innen von Ramboll überzeugten ihn, dass eine Hybridlösung besser wäre.
„Für Kaj 16 haben wir zunächst zehn verschiedene Modelle für unterschiedliche Materialien erstellt, um die CO2-Emissionen jedes einzelnen zu bewerten: ein traditionelles Betongebäude, eins aus Stahl und so weiter. So stellten wir fest, dass das, was der Bauträger ursprünglich für das nachhaltigste Gebäude gehalten hatte - ein reines Holzgebäude - nicht so gut war wie ein Hybridgebäude“, sagt Riccardo Pedroni, Partner und Holzspezialist für das Projekt Kaj 16.
Das Team fand heraus, dass es eine bessere Lösung war, Beton für die tragenden Konstruktionen zu verwenden und Holz für den restlichen Aufbau - Balken, Säulen und Decken - zu verwenden. Wäre die tragende Konstruktion aus Holz gefertigt worden, wäre sie so groß geworden, dass dies keine effiziente Nutzung der Materialien bedeutet hätte.
Diese Ergebnisse bestätigen die einer kürzlich durchgeführten internen Ramboll-Studie, die alle Holzbauprojekte weltweit untersuchte und zu dem Schluss kam, dass Hybridgebäude ab einer bestimmten Höhe besser abschneiden.
„Holz eignet sich hervorragend für Gebäude mit bis zu 15 oder auch 20 Stockwerken, aber ab einer gewissen Höhe sind andere Materialien wahrscheinlich besser geeignet. Es gibt also kein Patentrezept“, erklärt Frank Schwartz.
Fördert die Verwendung von Holz die Kreislaufwirtschaft?
Beim Projekt Kaj 16 konnten die Ingenieur:innen von Ramboll Materialien der ursprünglichen Struktur des Gebäudes wiederverwenden, was die CO2-Emissionen reduzierte und inhärente Schwachstellen des Holzbaus ausglich.
„Wir nahmen die bestehende Betonstruktur des etwas veralteten Gebäudes aus den 1960er Jahren und zerkleinerten den Beton, trennten ihn von den Bewehrungsstäben und verwendeten ihn erneut in der neuen Betonmischung für den Keller und die Kerne“, erklärt Frank Schwartz.
„Wir haben auch vor, kleine, trockene, recycelte Zuschlagstoffe auf die Betondecke zu legen, um ihr Schwingungsverhalten und die Akustik zu verbessern. So vermeiden wir außerdem, nassen Beton auf das Holz aufzubringen, was einen der Schwachpunkte von Holz entschärft.“
„Wir können Gebäude komplett aus Holz, Stahl oder Beton, oder aus 200 verschiedenen Mischformen bauen. Durch die Verwendung von Daten und die Modellierung verschiedener Lösungen können wir sicherstellen, dass das fertige Gebäude tatsächlich am besten für den jeweiligen Standort geeignet ist“, fügt er hinzu.
Weltweit folgt weniger als 9% der Wirtschaft in allen Sektoren den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, was schwerwiegende Folgen für das Klima und unsere Umwelt hat.
Welche Auswirkungen hat das auf die biologische Vielfalt?
Einige Expert:innen befürchten, dass die Verwendung von mehr Holz negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt haben könnte. Doch laut Riccardo Pedroni lautet die Frage, die wir uns stellen müssen: ‚Welche Alternative gibt es?‘
„Die Alternative zum Bauen mit Holz ist die Verwendung von Beton und Stahl, was mehr CO2-Emissionen bedeutet und der Artenvielfalt noch mehr schadet“, sagt er. „Eine der wichtigsten Fragen in Bezug auf Holz ist heute, ob wir genug davon haben. Dazu sagen uns die Daten, dass selbst in Europa, wo die Nachfrage nach Holz in den letzten 30 Jahren enorm gestiegen ist, die Wälder weiter wachsen.“
„In nachhaltig bewirtschafteten Wäldern wachsen viele verschiedene Baumarten, was gut für die Artenvielfalt ist. Es werden keine Kahlschläge mehr durchgeführt. Wenn es richtig gemacht wird, kann das Abholzen einzelner Bäume die Artenvielfalt sogar verbessern, da es dafür sorgt, dass die restlichen Bäume bessere Wachstumsbedingungen erhalten. IAuch die Tierwelt wird so unterstützt“, erklärt Riccardo Pedroni.
„Der einfache Zugang zum Material stärkt den Nutzen von Holz weiter“, fügt Frank Schwartz hinzu: „Wir sollten Holz nicht nur um des Holzes willen verwenden. Aber wo es reichlich vorhanden ist, aus der der Nähe kommt und nachhaltig bewirtschaftet ist, kann es eine gute Wahl sein.“
Europa produziert etwa 25% des weltweiten Holzangebots. Die europäischen Wälder sind in den letzten drei Jahrzehnten stetig gewachsen, da die meisten inzwischen nachhaltig bewirtschaftet werden.
Wird Holz zu einem Massenbaumaterial werden?
Frank Schwartz sagt voraus, dass sich Holz in den nächsten zehn Jahren im Bausektor weiter verbreiten wird, da die Gesetzgebung die Verwendung von Materialien mit geringerer CO2-Intensität in neuen Gebäuden vorschreibt.
„Deshalb ist es wichtig, dass wir heute Kompetenzen aufbauen, um Holz in unsere technische Denkweise und standardisierte Produktion zu integrieren“, sagt er.
In vielen Ländern werden gerade neue Gesetze zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks neuer Gebäude eingeführt. Lesen Sie, wie wir laut unserer Expert:innen diesem Trend einen Schritt voraus sein können.
Wenn Sie den Verfasser dieses Artikels kontaktieren möchten, senden Sie bitte eine E-Mail an Anders Brønd Christensen.

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  • Frank Schwartz

    Global Spearhead Director High Rise & Complex Buildings

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    +45 51 61 14 10

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