Alan Kao
18. Januar 2022
Garantiert Impact Investing eine gute ESG-Performance?
Kapital wird zunehmend in das sogenannte „Impact Investing“ geleitet, auch in Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien. In diesem Artikel prüfen wir, ob diese Impact Investments aus ESG-Sicht automatisch als gute Investitionen betrachtet werden können. Außerdem zeigen wir einige besondere Probleme für Investitionen in Solarenergie auf.
Investierende auf der ganzen Welt tätigen Impact Investments, um die Kraft des Kapitals zu nutzen und dabei zu helfen, einige der dringendsten globalen Herausforderungen zu bewältigen - von grüner Energie bis Naturschutz. Impact Investments zielen darauf ab, neben einer finanziellen Rendite auch positive und messbare soziale und ökologische Wirkungen zu erzielen. Das Interesse der Investierenden ist groß. Im Jahr 2020 bezifferte sich der Markt für Impact Investing auf 715 Milliarden bis 2,3 Billionen USD1.
Das Konzept des Impact Investing wird oft mit dem Konzept von ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) verwechselt. Impact-Investierende könnten davon ausgehen, dass investitionsbereite Unternehmen automatisch eine starke ESG-Performance aufweisen, weil ihre Produkte und Dienstleistungen auf positive ökologische oder soziale Ergebnisse ausgerichtet sind. Dies ist aber nicht immer der Fall. Bei Impact Investing geht es um die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens, während es bei ESG darum geht, auf welche Weise es arbeitet.
1 IFC Investing for Impact, The Global Impact Investing Market 2020; GINN Annual Impact Investor Survey 2020
Da Unternehmen und Investierende bestrebt sind, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern oder ganz auf Null zu reduzieren, beziehen viele von ihnen erneuerbare Energiequellen als Schlüsselkomponente zur Erreichung ihrer Ziele ein. Die Photovoltaik (PV) entwickelt sich zurzeit zur weltweit kostengünstigsten Form der Stromerzeugung. Laut der Internationalen Energieagentur wird sich ihr jährlicher Einsatz bis 2030 voraussichtlich verfünffachen. Diese Faktoren sowie das umweltfreundliche Image machen Solarprojekte für Investierende attraktiv.
Doch auch wenn saubere Energieprojekte auf den ersten Blick ein ökologischer und sozialer Volltreffer zu sein scheinen, erfordern auch sie eine umfassende und unabhängige Bewertung, um ihre wahre ESG-Situation zu ermitteln.
Die Solarbranche ist im Bereich der Beschaffung von Materialien für die Herstellung der Solarmodule besonders anfällig für Lieferkettenprobleme. Fast alle Solarmodule sind auf Polysilizium in Solarqualität angewiesen, von dem etwa die Hälfte aus dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang (XUAR) in China kommt. Im Dezember 2021 unterzeichnete US-Präsident Joe Biden ein Gesetz, das praktisch alle Importe aus der Region Xinjiang in die USA verbietet. Damit reagierte er auf mutmaßliche Misshandlungen der uigurischen Minderheit, einschließlich Zwangsarbeit. Diese Gesetzgebung legt die Vermutung nahe, dass viele Waren in Xinjiang mit Zwangsarbeit hergestellt werden, sofern nicht das Gegenteil bewiesen wird.
Dieses neue Gesetz baut auf den Restriktionen auf, die seit der zweiten Hälfte des Jahres 2021 in Bezug auf das in Solarprojekten verwendete Silizium gelten, und erhöht die Komplexität für Solarinvestierende in den USA noch mehr. Projektmanager:innen und Investierende müssen jetzt nicht nur sicherstellen, dass ihre Projekte dieses neue Gesetz einhalten, sondern auch darauf achten, dass das Silizium zunächst zu Produktionsstätten für Solarmodule außerhalb der Region transportiert wird, bevor es exportiert wird. Dies hat eine deutliche Verringerung der Transparenz der Lieferkette zur Folge.
Investierende in Solarenergieprojekte tun also gut daran, unabhängige Nachforschungen anzustellen, um sicherzustellen, dass sie solide Nachweise über die Herkunft der in ihrer Lieferkette verwendeten Materialien erhalten.
Ein weiterer Stolperstein für Projekte des nachhaltigen Wandels kann der unvorhergesehene Widerstand der lokalen Bevölkerung sein. Die Annahme, dass Solarprojekte allgemein akzeptiert werden, weil sie "sauber" sind, kann zu Projektverzögerungen, Änderungen und Rufschäden führen, insbesondere wenn es um Umweltgerechtigkeit geht.
Die Bewegung für Umweltgerechtigkeit entstand in den 1980er Jahren in den USA aus der Erkenntnis heraus, dass eine unverhältnismäßig große Anzahl von umweltbelastenden Industrieanlagen, Kraftwerken und Mülldeponien in der Nähe von einkommensschwachen, unterversorgten oder farbigen Gemeinden angesiedelt ist. Die Bewegung wurde ins Leben gerufen, um eine gerechte Verteilung der Umweltbelastungen auf alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, zu erreichen.
Während Probleme mit der Umweltgerechtigkeit eher mit großen Infrastrukturprojekten oder umweltschädlichen Fabriken und Kraftwerken assoziiert werden, sollten Impact-Investierende die Warnungen von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien, die mit der Umweltgerechtigkeit in Konflikt geraten sind, beherzigen.
Ein Beispiel dafür ist ein geplantes 50 Megawatt-Solar- und 12 MW-Batteriespeicherprojekt in Archer im Norden Floridas, das zum Zentrum eines Konflikts zwischen den Projektverantwortlichen und Einheimischen geworden ist. Dieses Projekt sollte sich über etwa 240 Hektar erstrecken, wobei die Paneele hinter einem Baumschild versteckt wären. Doch in den Augen der Bevölkerung, von denen viele Nachfahren von Sklaven und einigen der frühesten schwarzen Landbesitzer der Nation sind, unterscheidet sich eine Solaranlage nicht von einem Kohlekraftwerk und wäre ein Schandfleck für ihre Gemeinde. Während in ländlichen Gebieten lebende Menschen oft nicht wollen, dass ihr Land durch etwas verunstaltet wird, das sie als industrielle Infrastruktur betrachten, gehen die Bedenken hier tiefer. Viele der Einheimischen können ihre Abstammung bis zu sechs Generationen zurückverfolgen, die Gräber auf dem örtlichen Friedhof gehen bis in die 1830er Jahre zurück und die Menschen wollen nicht, dass sie nun im Schatten von Solarzellen zu liegen kommen.
Der Staat Virginia hat eine hohe Dichte an historisch und kulturell bedeutsamen Standorten. Mehrere geplante Solarprojekte an Orten wie dem Cedar Mountain Battlefield und dem Raccoon Ford, die im Bürgerkrieg eine wichtige Rolle spielten, stoßen auf Widerstand. Solche Konflikte entstehen in der Regel, wenn die historischen und kulturellen Landschaften auf oder in der Nähe potenzieller Projektstandorte nicht mit der gebotenen Sorgfalt untersucht werden. Umgekehrt hat die Auseinandersetzung mit den lokalen Gemeinden und relevanten Interessengruppen, bereits in frühen Stadien des Planungsprozesses zur Entwicklung kreativer Lösungen geführt, die zur Abmilderung der unvermeidlichen Auswirkungen beitragen. So konnte der Widerstand besänftigt werden und die Genehmigung wurde erteilt.
Diese Beispiele zeigen, dass Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien trotz ihrer Bedeutung für den Übergang zu sauberer Energie nicht gegen Widerstände aus der Bevölkerung gefeit sind. Sie betonen, wie wichtig es ist, vor einer Investition in ein Projekt durch eine frühzeitige und effektive Due-Diligence-Prüfung und die Einbindung der Stakeholder als Teil einer gründlichen ESG-Strategie mehr über den Einflussbereich zu erfahren, in dem es Widerstände geben könnte.
Bei Unternehmen mit Missionen, Produkten oder Dienstleistungen mit positiver sozialer oder ökologischer Wirkung kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass sie sich ihrer wichtigsten ESG-Themen bewusst sind oder über Systeme verfügen, um diese zu verwalten. Hier die wichtigsten Tipps für Investierende, um ESG-konforme Impact-Investitionen in Projekte für erneuerbare Energien, insbesondere Solarenergie, zu tätigen:
- Behandeln Sie Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien wie alle anderen Investitionen und unterziehen Sie sie einer gründlichen ESG-Due-Diligence-Prüfung - mit besonderem Augenmerk auf das Lieferkettenmanagement, die Umweltauswirkungen, soziale Fragen und die Einbindung der Interessengruppen.
- Investierende in Solarenergieprojekte sollten die Unterstützung von Expert:innen in Anspruch nehmen, um unabhängige Nachforschungen anzustellen und sicherzustellen, dass sie solide Nachweise über die Herkunft der Materialien in ihren weltweiten Lieferketten haben.
- Versichern Sie sich bei Projekten in den USA, ob die Solarmodule von einem Unternehmen bezogen werden, das die „Solar Industry Forced Labor Prevention Pledge“ (Verpflichtungserklärung zur Verhinderung von Zwangsarbeit in der Solarindustrie) der Solar Energy Industries Association (SEIA) unterzeichnet hat. Diese Übereinkunft unterstützt die Entwicklung eines von der Industrie geführten Protokolls zur Rückverfolgung der Lieferkette für Solarmodule als Instrument zur Identifizierung der Herkunft der Primärrohstoffe und Komponenten sowie zur Nachverfolgung ihrer Verarbeitung zu fertigen Produkten, insbesondere Solarmodulen.
- Stellen Sie sicher, dass die Einbindung der Interessengruppen als wesentlicher Aspekt in die ESG-Prüfung aufgenommen wird. Dazu gehört auch eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit, um zu verstehen, ob und wo es Probleme mit der Umweltgerechtigkeit oder dem Denkmalschutz geben könnte.
Alan Kao mit Sitz in Boston, USA, ist Global Director für ESG-Leistungen im Bereich Umwelt & Gesundheit bei Ramboll. Er hilft Kund:innen weltweit bei der Entwicklung von ESG- und Net-Zero-Strategien, bei der Handhabung der Vielzahl von Nachhaltigkeitsberichten und Offenlegungsrichtlinien, bei der Identifizierung von ESG-Risiken und -Chancen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht sowie bei der Integration von ESG-Themen in Portfolios und Unternehmen.
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