Julia Romero

15. April 2024

Visit to the underground heat storage tank in Germany
Nach drei Jahren Planung und Bau wurde Ende letzten Jahres der erste Erdbeckenspeicher nach dänischem Vorbild in Betrieb genommen. Er trägt maßgeblich zur erfolgreichen Wärmewende im schleswig-holsteinischen Meldorf bei. Er wurde von der eigens gegründeten WIMeG Wärmeinstrastruktur Meldorf ins Leben gerufen, finanziell gefördert vom Projektträger Jülich und ist Deutschlands erster Erdbeckenspeicher. Fernwärme und die Verwendung solche Speichersysteme könnte auch für andere Regionen, die durch den Kohleausstieg vom Strukturwandel betroffen sind, eine Hilfe sein, um die Wärmewende zu bewältigen.
In ehemaligen Kohlerevieren wie in Nordrhein-Westfalen ist der Strukturwandel mehr als präsent. Um den Wegfall der mit den Tagebauen und der Kohleverstromung verbundenen Arbeitsplätze zu kompensieren, wurden umfangreiche Förderprogramme zur Unterstützung des Strukturwandels aufgelegt, so auch im Bereich der Wärmewende. Die Einbindung eines Erdbeckenspeichers und die darauf fußende Errichtung eines Nahwärmenetzes kann ein gangbarer Weg für die Wärmewende im Bestand sowie beim Neubau sein.
Nach dem Vorbild Dänemarks wird in Meldorf Abwärme aus der lokalen Industrie über die Sommermonate saisonal gespeichert, um sie dann in der Heizperiode wieder ausspeichern und nutzen zu können.
Hier nur einige der Vorteile des Erdbeckenspeichers:
  • Der Speicher und das dazugehörige Wärmenetz wird jährlich voraussichtlich 1.000 Tonnen CO2 einsparen und etwa 55 Wohnhäuser und öffentliche Gebäude klimaneutral heizen können.
  • Der Erdbecken-Wärmespeicher (PTES – Pit Thermal Energy Storage) hat ein Fassungsvermögen von 43.000 m³ – das entspricht 17 Olympia-Schwimmbecken.
  • Der Erdbeckenspeicher macht das Fernwärmesystem flexibel; er kann bis zu 1.500 MWh über den Sommer speichern und leistet somit eine hohe Versorgungssicherheit.
  • Der Speicher wird an der Wasseroberfläche über einen schwimmenden Deckel gedämmt, was weitere Effizienzvorteile bringt.

Wir sehen, dass der erste deutsche Erdbeckenwärmespeicher in Meldorf viele andere Regionen in Deutschland inspiriert. In einem zweiten Projekt in Bracht in Hessen haben die Bautätigkeiten mittlerweile ebenfalls begonnen. Auch für weitere Regionen, z.B. das rheinische Braunkohlerevier könnte es als Vorbild dienen und bei der Herausforderung der Wärmewende einen großen Beitrag leisten.

Annalena Warburg
Leiterin des Geschäftsbereichs Energiesysteme mit Schwerpunkt Wärme, Ramboll Deutschland

Eine flexible und naheliegende Lösung für die Wärmewende der Zukunft
Abwärme aus Industrieanlagen, Blockheizkraftwerken und Biogasanlagen oder Wärme aus Solarthermie kann in Erdbecken wie in Meldorf gespeichert werden. Das Wasser im Becken wird mit der vorhandenen Energie über das Jahr erwärmt und zur Heizperiode wieder ins Wärmenetz eingespeist. Die Wärme kann so mehrere Monate lang gespeichert und flexibel verwendet werden. Dänemark galt bei diesem Projekt als Vorbild. Dort kommt bereits 72% der Energie aus klimaneutralen Quellen, wie zum Beispiel der Nutzung von Abwärme. Schon 2010 wurde in Vojens in Dänemark der weltgrößte Erdbeckenspeicher fertig gestellt - ebenfalls mit Ramboll Expertise.
Seit dem Frühjahr wird nun in Meldorf Wäre eingespeist, ab Herbst werden dann erstmals Haushalte und öffentliche Gebäude mit der klimaneutralen Wärme versorgt.
Delegation aus NRW macht sich Eindruck
Eine Delegation aus NRW bestehend aus Vertreter:innen der Kommunen und Kreise im Rheinischen Revier sowie Vertreter:innen von Energieversorger, Projektentwickler und Initiativen besuchte Meldorf am 15. April um sich einen Eindruck vom Projekt zu machen. Die Projektverantwortlichen von Ramboll und dem Auftraggeber WIMeG tauschten sich mit den Anwesenden aus und beantworteten Fragen zu Herausforderungen in Planung, Bau und Finanzierung.
Der Erdbeckenspeicher in Meldorf ist ein Vorzeigeprojekt und könnte als Vorbild für diese Region dienen, wenn es darum geht, dem Strukturwandel zu begegnen und neue Wege für eine unabhängige und klimafreundliche Wärmeerzeugung zu gehen. Er zeigt eindrucksvoll, dass die Wärmewende zu meistern ist, wenn man sich nicht nur auf konventionelle Methoden beschränkt und mutig neue Wege geht. Kommunen im Rheinrevier könnten die nächsten sein, die diesen Schritt in eine nachhaltigere Zukunft machen.

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  • Anika Ohlsen

    Head of Communications

    Anika Ohlsen